Am 12. Oktober 2021 fand die siebte pharmazeutische Fachtagung von PSE – Pharma Solutions Europe und 1stLine e.K. zum Thema Arzneimittelausschreibungen in Stuttgart statt. Mit einer großen Neuerung in diesem Jahr: Die Tagung war erstmals international ausgelegt, sodass die Veranstalter Rainer Aufrecht von PSE und Ingo Hüser von 1stLine e.K. auf Englisch durch den Tag führten. Neben rund 80 deutschen Teilnehmern waren auch Gäste aus der Ukraine, Kuwait, Indien, Dänemark und Griechenland anwesend. Gespannt verfolgte man die Vorträge zu den Themen Vergaberecht, Arzneimittelrabattverträge und Arzneimittelausschreibungen der GKV, welche allesamt eines gemein hatten: Die Praxisnähe zum pharmazeutischen Tagesgeschäft.
So beschrieb Ashish Sinha, Vice President International bei Alkem, einem der größten indischen Pharma-Unternehmen, welche speziellen Erwartungen er an Dienstleister stellt, die neu in den komplexen deutschen Markt eintreten möchten. Er zeigte auf, wie in einem einzigen Analysepfad unterschiedlichste Marktdaten zueinander in Relation gesetzt werden können, wie beispielsweise die Ausschreibungsfrequenz einer bestimmten ausschreibenden Stelle der gesetzlichen Krankenversicherung, die Anzahl der erteilten Zuschläge, die Namen der bisherigen Zuschlagsempfänger oder die Anzahl der eingegangenen Bewerbungen. Die besondere Herausforderung: All diese Daten sind hochdynamisch und jeweils abhängig von der Marktgröße, dem Marktpreisniveau und den internen Herstellungskosten. Um in diesem Bereich erfolgreiche Analysen durchzuführen, bedarf es also einem starken Partner wie PSE – Pharma Solutions Europe: Das pharmazeutische Beratungsunternehmen verfügt über eine zuverlässige und hochspezialisierte Datenbasis, die sowohl Details zu bereits bestehenden Rabattvertragsbeziehungen, als auch sämtliche relevanten Daten der Arzneimittelausschreibungen umfasst. Sinha lobte das Team von PSE, das täglich an der Erweiterung dieser Datenbanken arbeitet und es damit pharmazeutischen Anbietern ermöglicht, zuschlagsfähige, also form- und fristgerechte Angebote abzugeben.
Ein weiteres Highlight war die Präsentation von Frank Wienands, Kopf der Abteilung Versorgungsgestaltung bei der AOK Baden-Württemberg. Seit über 17 Jahren hat Wienands bereits die Ausschreibungsgeschichte der AOK Baden-Württemberg und damit federführend für die gesamte Branche mitgestaltet. In seinem Vortrag fasste er die momentane Lage im Unternehmen zusammen: “Wir verstehen unser Ausschreibungsdesign als lernendes System. In Bezug auf Nachhaltigkeit und Resilienz der Lieferketten hat die AOK-Gemeinschaft einen wichtigen Schritt gemacht. Sobald die rechtlichen Fragen geklärt sind, lernen wir daraus – und gehen in beiden Themen konsequent weiter.” Auch stellte Wienands als Experte für Ausschreibungen gesetzlicher Krankenkassen einen vortrefflichen Diskussionspartner für die anderen Referenten dar.
Zum Beispiel für Dr. Alexander Hübner, Fachanwalt für Vergaberecht der Stuttgarter Kanzlei für Wirtschaftsrecht Haver & Mailänder. Er beleuchtete aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung und berichtete über den Stand der Gesetzgebung im Bereich der Arzneimittelausschreibungen auf deutscher und europäischer Ebene. Einen Schwerpunkt bildete – wie nicht anders zu erwarten – die jüngste, vor der Vergabekammer des Bundes mehrfach angegriffene Praxis der Krankenkassen, mit dem Zuschlagskriterium auf eine vollständige Lieferkette in der EU (oder in den EFTA oder GPA-Staaten) abzustellen. Auch die Folgen des aufsehenerregenden EuGH-Urteils vom 17.06.2021 zu Veröffentlichungspflichten der Krankenkassen bei Rahmenvereinbarungen waren Gegenstand des Vortrags von Dr. Hübner. Für lebhafte Diskussionen unter den Teilnehmenden sorgte insbesondere das Thema der Preisprüfung scheinbar nicht auskömmlicher Angebote und – vor dem Hintergrund des topaktuellen EuGH-Urteils vom 07.09.2021- auch die Frage, ob Wettbewerber Anspruch auf Einsicht in vertrauliche Angebotsunterlagen des Wettbewerbs haben.
Einen Einblick in das pharmazeutische Controlling bot Referent Ulrich Uhmann, Leiter der Distribution und Gesundheitspolitik bei Recordati Pharma GmbH. Seit über acht Jahren ist Uhmann dort für das Rabattvertragsgeschäft, das Arzneimittel-Pricing, das Klinik- und Großhandelsgeschäft sowie die Lagerlogistik verantwortlich. Ein besonders spannender Bereich, der sich nach wie vor im Wandel befindet: Noch vor wenigen Jahren bestand das Controlling hauptsächlich aus der Analyse von Absatz- und Umsatzzahlen, die wiederum stark von eigenen Vertriebs- und Marketingaktivitäten abhingen. Heute, da rund 80 Prozent aller Generika durch Rabattverträge reguliert sind, hat sich der Bedarf grundlegend verändert. So ist es inzwischen eine entscheidende Disziplin, den Erfolg und Misserfolg von Arzneimittel-Rabattverträgen ebenfalls anhand geeigneter Daten zu analysieren und kommunikativ zu transportieren, damit darauf basierend entsprechende Entscheidungen überhaupt erst möglich werden. In seinem Vortrag zeigte Uhmann, wie das Controlling von Rabattverträgen mit Krankenkassen durch die Nutzung verschiedenster Datenquellen optimal bewerkstelligt werden kann, solange die richtige Software dafür genutzt wird: Mit dem 1stLine e.K. Contract Analyser© und der umfassenden Datenbasis von PSE – Pharma Solutions Europe gelingt dies mit minimalem Aufwand. Das bewies auch die Live-Präsentation der Software aus dem Hause 1stLine e.K., welche pharmazeutische Anbieter in den Bereichen Marktbeobachtung, Berichtswesen, Abrechnungskontrolle, Budgetplanung und Budgetüberwachung unterstützt.
Den Abschluss der Fachtagung bildete, wie bereits in den Jahren zuvor, der Vortrag von Apotheker Dr. rer. nat. Matthias Kühnle. Als freier Berater mit den Schwerpunkten Global Drug Regulatory Affairs, CMC sowie GMP arbeitet Dr. Kühnle regelmäßig mit großen Pharmaunternehmen und Service Providern zusammen. Auch ist Dr. Kühnle Inhaber zweier Präsenz-Apotheken mit angeschlossenem Versand in Hochdorf und Notzingen, sodass er bei der Fachtagung vielfältige praktische Einblicke in die Schnittstellenproblematik zwischen Pharmaindustrie und Apotheke geben konnte. In seiner Präsentation warf Dr. Kühnle einen Blick zurück auf die vergangenen 19 Monate der Covid-19 Pandemie. Der Fokus lag dabei insbesondere auf den 2020 für Apotheken mittels der Sars-CoV2-Arzneimittelversorgungsverordnung geschaffenen Ausnahmemöglichkeiten vom Rahmenvertrag nach § 129 SGB V. Anhand zahlreicher Beispiele zeigte Dr. Kühnle auf, welche Auswirkungen diese Sonderregelungen auf das Abgabeverhalten des Apothekers haben und damit verbunden etwaige Rückschlüsse auf die gegenwärtigen Abverkäufe der pharmazeutischen Unternehmer gezogen werden können. Darüber hinaus informierte er über die Vielzahl neuer Aufgaben für die öffentliche Apotheke, die im Zuge der Pandemie entstanden sind, wie etwa die Ausgabe von FFP2-Masken, die Antigenschnelltestung oder die Versorgung der niedergelassenen Ärzte mit Covid-19 Impfstoffen. All diese zusätzlichen Tätigkeiten nähmen enorme Kapazitäten in Anspruch, so Dr. Kühnle. Deshalb sei es umso wichtiger, dass pharmazeutische Unternehmer durch Sicherstellung ihrer Supply Chains die Kernaktivitäten im Apothekenalltag unterstützten und eine nach Apothekenbetriebsordnung verpflichtende, ausreichende Bevorratung bestmöglich gewährleisteten.
Laut PSE-Inhaber Rainer Aufrecht war es erneut eine sehr gelungene Veranstaltung, die von bester Laune, lebendigen Diskussionen und zahlreichen Aha!-Momenten geprägt war. Und so freuten sich auch die Teilnehmenden schon jetzt darauf, wenn PSE und 1stLine e.K. erneut zur Fachtagung nach Stuttgart laden.